Oschatz. Das Hintergebäude des Thomas-Mann-Gymnasiums gleicht einer Höhle: Im Flur der obersten Etage hat Theresia Klammt eine Feuerstelle errichtet, Kerzenlicht, eine tragbare Laterne und allerhand dunkle Decken sorgen für eine Atmosphäre, wie sie die Leser aus Tolkiens „Der kleine Hobbit“ kennen. Eben jenes Werks stellt die 18-jährige Schülerin zusammen mit dem Fünftklässler Elias Berger aus Naundorf den Fünft- und Sechstklässlern des Gymnasiums vor. Sie lesen in verteilten Rollen und haben, ebenso wie fünf weitere Lesepaare, im Schulhaus verteilte Lese-Ecken eingerichtet – mit viel Liebe zum Detail, um den Zuhörern Lust auf Literatur zu machen. „Ich habe aus dem Buch schon meinem Cousin und meiner Cousine vorgelesen. Denen hat es Spaß gemacht. Außerdem ist das Werk durch die Verfilmungen derzeit wieder in aller Munde“, begründet sie ihre Wahl.
Cindy und Jodie Lange lasen am Vorlesetag aus einem anderen Buch. „Die Nacht, als die Titanic sank“ berichtet nicht nur von der verhängnisvollen Jungfernfahrt des Ozeandampfers, die in der Nacht zum 15. April 1912 an einem Eisberg endete, sondern beleuchtet auch das, was eine Gruppe Menschen an Bord des Schiffes bewegte. Cindy Schillgalies verbindet mit dem historischen Jugendroman eine ganz persönliche Erinnerung. „Das war das allererste Buch, das ich mir aus der Oschatzer Stadtbibliothek ausgeliehen habe. Und es hat mich mit seiner Mischung aus Spannung, Gefühlen und belegten Fakten sofort in seinen Bann gezogen“, sagt sie. Klar, dass man bei solch einer Begeisterung im Handumdrehen auch bei jenen Spannung für das Buch wecken kann, denen man daraus vorliest.
Kurz vor dem Weihnachtsfest, so eine Empfehlung aller Vorleser, kann man die Wälzer allesamt auf seiner Wunschliste vermerken. Wer nicht bis zur Bescherung warten möchte, kann sich all das in der Stadtbibliothek im Keller des Schulgebäudes ausleihen. Leiterin Eleonore Reichel gehörte nicht nur zu den Vorlesern. Sie war neben Buchhändlerin Alexandra Roscher sowie einem Lehrer und zwei Schülern Mitglied der Jury beim Vorlesewettbewerb der drei 6. Klassen in der Aula. Die besten Vorleser, zwei Mädchen und ein Junge, mussten sich mit einem selbst gewählten und einem fremden Text bewähren.
Am Ende hatte Susi Hausburg die Nase vorn. Sie siegte knapp vor Jasmin Fischer und Paul Krahmer und hat sich mit ihrem Erfolg für die nächste Stufe des Lesewettbewerbs qualifiziert. Es folgen Regional- Bezirks- und Landesentscheide, und vielleicht schafft es Susi Hausburg ja, sich bis in das Bundesfinale am 22. Juni 2016 in Berlin vor zu lesen. Initiator ist der Börsenverein des deutschen Buchhandels.