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Talkshows gibt es wie Sand am Meer. Da wundert es nicht, dass die Musical-Gruppe des Thomas-Mann-Gymnasiums sich für ihre neue Inszenierung "Bauchgefühl" ein solches Format als Rahmen gesucht - und damit den Nerv des Publikums getroffen hat.

Was die Lehrerinnen Astrid Heinisch und Petra Becker gemeinsam mit ihren 13 Schülerinnen und Schülern der Klassen 8 bis 10 bei der Premiere am Freitagabend auf die Bühne bringen, strotzt von Zutaten, die ein gutes Musical ausmachen. Das sind eingängige Melodien mit komischen und melodramatischen Texten, Situationen, die von romantisch, über kitschig bis hin zu gesellschaftskritisch reichen, wechseln sich ab. Zugegeben: Die Idee, für Schüler relevante Themen und solche, die sie später in der Bewältigung des Alltags haben werden, aneinander zu reihen, ist schlicht und man kann dem problemlos folgen. Aber die Spielfreude, ganz nebenbei Beweis dafür, dass alle angeschnittenen Probleme aus der Erfahrungswelt der Schüler kommen, ist ansteckend für das Publikum.

In der fast voll besetzten Aula werden die Zuschauer Zeuge, wie die Darsteller sich an der Verkürzung der Regelschulzeit, dem Spagat der Frau zwischen Kind und Karriere, der Kündigung einfacher Angestellter wegen einer Bagatelle oder den vermeintlichen Schönheitsidealen, die die Gesellschaft vorgibt, abarbeiten. Die Figuren, die da auftreten, verkörpern bekannte Klischees. Aber die Gymnasiasten verstehen es, ihnen Leben einzuhauchen - so dass der Applaus nach jeder Szene gesichert ist.

Dass "Bauchgefühl" in Erinnerung bleibt, liegt neben der Musik vor allem an den Dialogen, die den Schülern auf den Leib geschrieben sind. Da wird, wie immer im Musical, bisweilen recht dick aufgetragen. Aber gerade das macht den Abend mit seinen Auftritten so einprägsam. "Mein Bauchgefühl wurde beim Zuschauen sehr oft angesprochen", resümierte Schulleiterin Marion Müller.

Die meisten Lacher sicherte sich der Hahn im Korb: Niclas Galesic bestreitet mehrere Rollen, stets im Beisein junger Frauen. Ein Dutzend Damen und ein junger Mann, der sich als enthusiastischer Liebhaber, abgehobenes Mathe-Genie, nörgelnder Hausmeister oder skrupelloser Geschäftsführer in Szene setzt - damit schafft er es, die markantesten Momente des Musicals darzubieten. Und das obwohl der Schüler, wie an diesem Abend von mehreren Besuchern versichert, eher introvertiert agiert, wenn er nicht auf der großen Bühne steht.

Christian Kunze