Am 11. Dezember 2024 fand im Rahmen des zweiten Stolpersteinprojekts an unserer Schule eine Exkursion zum Konzentrationslager Sachsenburg statt. Diese stellte einen weiteren Höhepunkt in der jetzt fast zweijährigen Zusammenarbeit mit dem Erich – Zeigner - Haus e.V. aus Leipzig dar, welche mit der Arbeit an einer Stolperschwelle für die „Euthanasie“-Opfer in der Hubertusburg begonnen hatte.
Dieses Projekt konnten wir im Sommer 2024 mit der Einweihung der Schwelle erfolgreich beenden, auch wenn es weiterhin einen Konflikt um den Ort, an welchem die Stolperschwelle verlegt wurde, gibt. Sie liegt zurzeit vor dem Eingang der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Jedoch ist dieser, anders als der ursprünglich geplante Ort, nicht direkt an der Hubertusburg und schwer ausfindig zu machen für Menschen, die der Opfer gedenken und an die NS-Verbrechen erinnern wollen.
Momentan besteht die Stolperstein - AG aus acht Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 10 bis 12 und trifft sich im zweiwöchentlichen Rhythmus unter der Leitung der FSJ-lerinnen Clara und Cara.
Aktuell steht die Arbeit an einem Stolperstein für Erich Vogel im Fokus unserer Projekttreffen. Seit Anfang des Schuljahres 2024/2025 erarbeiten wir seine Biografie anhand von historischen Dokumenten wie Häftlingslisten, Briefen oder auch Material aus unserem eigenen Schularchiv. Erich Vogel wurde Anfang des 20. Jahrhunderts an unserer Schule im damaligen Lehrerseminar bis 1915 ausgebildet. Dies konnten wir mit Hilfe von Listen unterschiedlichster Art aus unserem Schularchiv belegen. In dieser Form erfolgreich eigene Forschungen anzustellen, war für uns neu und eine spannende Erfahrung. (siehe Anhang)
Der Oschatzer Erich Wilhelm Vogel war nicht nur Lehrer geworden, sondern auch Kommunist. Ab 1933 war er aufgrund seines politischen Engagements mehrmals inhaftiert. Am 21. Juni 1943 verstarb er an den Folgen der unmenschlichen Haftbedingungen. In diesem Zusammenhang war die Exkursion in das regional nahe gelegene KZ Sachsenburg für uns eine sehr eindrückliche Recherchemöglichkeit und Erfahrung. Da das ehemalige Konzentrationslager in Privatbesitz ist, kann nur dank des engagierten Vereins Geschichtswerkstatt Sachsenburg e.V. das ehemalige Gelände und die zurzeit leerstehende Fabrik, in der die Häftlinge lebten und arbeiteten, besichtigt werden. Das restliche Gelände des Lagers wird anderweitig genutzt, einige Häuser sind bewohnt und es gibt einen Sportplatz. Die Kommandantenvilla wurde bis auf das Fundament abgerissen. Es gibt Pläne der Stadt Frankenberg, die Größe der Villa wieder durch ein Metallgerüst erfassbar zu machen. Die Gedenkstelle soll weiter ausgebaut werden. Jedoch gibt es dabei Differenzen zwischen den Vorstellungen der Stadt Frankenberg und denen des Vereins, der sich bisher um die Gedenkarbeit gekümmert hat.
Nach der historischen Recherche, der Auswertung der vorliegenden Quellen und dem Rekonstruieren der Biografie sowie der Verfolgung in der NS-Diktatur beginnt der zweite Teil der Arbeit. Um einen Stolperstein verlegen zu dürfen, bedarf es der Genehmigung des Stadtrates. Die Präsentation der bisherigen Ergebnisse wurde im Herbst durch die Teilnehmenden der Projektgruppe mit Unterstützung durch Henry Lewkowitz, Geschäftsführer des Erich - Zeigner - Hauses, vor dem Oschatzer Stadtrat mit Erfolg durchgeführt.
Außerdem musste die Finanzierung des geplanten Stolpersteins über Spenden gesichert werden. Dafür wurde ein Flyer über das Schicksal von Erich Wilhelm Vogel gestaltet und in der Stadt verteilt. Dieser ist auch auf unserer Schulhomepage abrufbar. Im Rahmen dieser Spendensammelaktion sind wir immer wieder ins Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Oschatz gekommen. Ob Ablehnung, Diskussionen über den Sinn des Gedenkens und Erinnerns oder sofortiger Unterstützung, die Reaktionen der Menschen auf unser Ansinnen bewegen sich in einem breiten Spektrum. Beispielsweise wurde die Anfrage, ob wir die Flyer in einem Geschäft am Markt auslegen dürfen, überraschenderweise abgelehnt. Andererseits trafen wir auch auf Zustimmung. Eine ältere Dame erzählte uns von weiteren Schicksalen in ihrer Familie. Dieser Austausch war berührend, da man ihr die Freude am Teilen ihrer Familiengeschichte mit aktiven jungen Menschen anmerkte. Ähnliche Anerkennung und Freude trat uns auch gegenüber, als wir bei der Oschatzer Pfarrei geklingelt haben. Eine solche Wertschätzung zu erfahren war sehr stärkend für unsere weitere Arbeit. Diese Gespräche, auch wenn nicht in jedem Fall leicht zu führen, sind sehr wertvolle Erfahrungen und haben auch neue Perspektiven und Erkenntnisse eröffnet.
Unser nächster Schritt ist die Planung der Einweihung des Stolpersteins. Bei der Einweihung der Stolperschwelle in Wermsdorf konnten wir ein vielseitiges Programm mit Musik und Redebeiträgen zusammenstellen.
Der Stolperstein für Erich Vogel soll im Sommer 2025 in der Wermsdorfer Straße 1b in Oschatz verlegt werden. Sie sind herzlich eingeladen am Erinnern und Gedenken teilzunehmen.
Abschließend ist festzustellen, dass solche Projekte sehr wertvoll für uns Schülerinnen und Schüler sind, da man sich mit der Lokalgeschichte beschäftigt und so unsere Geschichte und unsere historische Verantwortung greifbar werden. Gerade die Suche nach Dokumenten im eigenen Schularchiv oder die Berichte von grausamer Brutalität aus dem Lager Pappenheim im heutigen Fliegerhorst, in welchem Erich Vogel auch inhaftiert war, haben bei uns einen bleibenden Eindruck hinterlassen.