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Wermsdorf/Oschatz. Jugendliche des Oschatzer Thomas-Mann-Gymnasiums tauchen in ein düsteres Kapital der Wermsdorfer Geschichte ein. 15 Schülerinnen und Schüler suchen nach Unterlagen und Hinweisen auf die Euthanasieverbrechen im Zusammenhang mit der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Hubertusburg. Bekannt ist seit Langem, dass Patienten auf Befehl der NS-Regierung zwangssterilisiert und von dort in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein transportiert wurden. Mit ihrer Arbeit wollen die 15 Schülerinnen und Schüler, in Kooperation mit dem Verein Erich-Zeigner-Haus Leipzig, erreichen, dass an die Opfer mit einer Stolperschwelle in Wermsdorf erinnert wird.

In Oschatz gibt es bereits Stolpersteine, die an deportierte jüdische Einwohner erinnern. Und in Wermsdorf wurde erst im vergangenen Jahr ein Stolperstein vor der katholischen Pfarrei verlegt, der an Hermann Scheipers erinnert. Der Geistliche war von den Nazis verhaftet worden, weil er mit polnischen Zwangsarbeitern die Messe feiern wollte.

Die Stolperschwellen stehen im Gegensatz zu den Steinen nicht für das Gedenken an Einzelpersonen, sondern für institutionelles Gedenken, hatte Henry Lewkowitz vom Leipziger Erich-Zeigner-Haus erklärt. Die Inschrift werde gemeinsam mit den Jugendlichen erarbeitet, verlegt werden soll die Stolperschwelle im Mai nächsten Jahres.

Dafür sind Gelder in Höhe von 1750 Euro nötig, weshalb Schülerinnen und Schüler am 13. Dezember in Oschatz unterwegs sein werden, um Spenden zu sammeln. „Es ist schockierend durch die Hubertusburg zu laufen, mit dem Wissen, was dort geschehen ist“, finden Annabell Kurek und Alina Orisch.

Ohne das Projekt hätten sie wahrscheinlich nie erfahren, was für grausame Dinge dort passiert sind. „Es ist eigentlich traurig, dass es für die Schicksale der ehemaligen Patientinnen und Patienten der Hubertusburg bisher kaum einen Ort des öffentlichen Gedenkens gibt. Das wollen wir nun ändern und bitten daher alle Menschen in der Region für die Realisierung unseres Vorhabens zu spenden“, so ihr Appell.

„Das Stolperschwellenprojekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Geschichte und zeigt uns, dass große politische Ereignisse auch in unserer kleinen Region Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger hatten“, beschreibt Schülerin Elisabeth Beier. Durch das Projekt beschäftige man sich mit Schicksalen von Opfern, die in den eigenen Dörfern, vielleicht sogar in der eigenen Straße gelebt haben.

 

Stolperschwelle in Altscherbitz

Wie hier in Altscherbitz soll auch in Wermsdorf eine Schwelle an die Opfer des Tötungsprogrammes unter den Nazis erinnern. © Quelle: Michael Strohmeyer

 

Bekannt sei bereits, dass mit Beginn der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 in der Landesanstalt Hubertusburg regelmäßig Menschen zwangssterilisiert wurden. Durch mangelnde Versorgung starben mindestens 835 Menschen. 1940 wurden etwa 1700 Menschen in andere Anstalten verlegt – oft eine Zwischenstation für die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein.

 
 

Mit der Stolperschwelle solle der aktuelle Forschungsstand dazu sichtbar gemacht und ein Ort des Gedenkens geschaffen werden, so Henry Lewkowitz. Ziel sei, die Schwelle am Haupteingang des heutigen Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Psychotherapie zu installieren. Angefertigt wird diese vom Künstler Gunter Demnig, hinzu kommt eine Tafel zur Erläuterung.

Wer das Projekt unterstützen möchte kann hier spenden: Empfänger: Erich-Zeigner-Haus e.V. IBAN: DE 94 860 555 92 11 002 798 96 Verwendungszweck: Stolperschwelle Hubertusburg

 

von Jana Brechlin. OAZ Online vom 08.12.2023