Von Christian Kunze
Oschatz. Julia Eisert, Clara Voigtländer und Luise Schilke holten jetzt die weite Welt in die Aula des Thomas-Mann-Gymnasiums (TMG). Die drei Abiturientinnen verteidigten im Rahmen ihrer Abschlussprüfungen die besonderen Leistungen zum Erwerb des Sprachzertifikats „CertiLingua“, welcher seit 2017 am TMG möglich ist. In den zurückliegenden Monaten beschäftigten sie sich in besonderem Maße mit Frankreich, Nepal und Peru – Orte, die wir pandemiebedingt zuletzt nur gedanklich bereisen konnten.
Die Schülerinnen nutzen das Angebot der Begabtenförderung, welches Abschlussschüler „fit für Europa und die Welt“ machen soll. Die Anwendung von Fremdsprachen steht dabei im Mittelpunkt. Voraussetzung sind der durchgängige Unterricht in zwei Fremdsprachen, zweisprachiger Unterricht in einem Schulfach, mindestens ein mehrmonatiger Auslandsaufenthalt und eine zweiteilige Präsentation über die Erfahrungen, die im Ausland gesammelt worden sind – schriftlich und mündlich.
Der Präsentation folgten jüngst Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler, die selbst in Erwägung ziehen, „CertiLingua“ zu erwerben sowie Unterstützer der Schülerinnen. Das sprachgewaltige Trio nahm sie mit – zuerst nach Frankreich. Julia Eiselt verbrachte mehrere Monate in einem Ort bei Bordeaux. Im Fokus ihrer Arbeit stand die Integration fremdsprachiger Schüler an einem dortigen Gymnasium. Die Präsentation, mehrere Minuten akzentfrei fließend in französischer Sprache, zeigte, wie sicher die Dahlenerin ihre Sprachkenntnisse anwenden kann. Abgerundet wurde der Bericht durch ein Rezeptbuch landestypischer Gerichte. Nach dem Abitur möchte die 18-Jährige einen weiteren Frankreichaufenthalt absolvieren – und Fremdsprachen auf Lehramt studieren.
Landestypische Speisen und Getränke hatten auch die anderen beiden Bewerberinnen mitgebracht. Sie referierten in englischer Sprache. Clara Voigtländer gab Einblicke in ein Projekt in Nepal, welches von ihrem Großvater 1999 initiiert und seitdem kontinuierlich unterstützt wird. Der Schwerpunkt liegt ebenfalls auf Bildung. „Ich bin dankbar, dass mir mein Großvater Einblicke ermöglicht und so meinen Blick erweitert hat“, so die Oschatzerin. Seit zwei Jahrzehnten schon gibt es einen regen Austausch zwischen Nepali und Oschatzern. Zwei Mal war Clara selbst schon in Nepal – weitere Besuche werden folgen. Nach der Schule plant sie vorerst anderes: Erst möchte die 18-Jährige im griechischen Lager Moria Geflüchtete unterstützen und dann Psychologie studieren.
Luise Schilke widmete sich der Kultur des südamerikanischen Peru. Unterstützt vom Rotary Club Torgau-Oschatz Katharina von Bora konnte sie bei einem Austausch Land und Leute kennen lernen. Natur, Menschen, Brauchtum, Religion – all das erschließt sich vor allem durch die Sprache. Der wesentliche Baustein zur internationalen Verständigung über Kontinente hinweg ist Kommunikation. Diese Erkenntnis reifte auch bei der 19-Jährigen, die demnächst von Kemmlitz nach Meißen zieht – und eine Ausbildung zur Winzerin beginnt.
Heike Kolberg, Fachleiterin am TMG, freut sich, dass die Verteidigungen nach einem Jahr Pause wieder stattfinden können. In diesem Jahr seien erstmals drei statt wie bisher nur ein oder zwei Bewerber dafür angetreten. „Auch wenn es durch Corona einige Einschränkungen gab, wird die Initiative fortgesetzt, können beispielsweise Videos statt Auslandsaufenthalte in die Bewertung einfließen“, sagt sie. Die Schule muss das Zertifikat alle drei Jahre ebenfalls neu „verteidigen“, sprich die geforderten Unterrichtsbedingungen erfüllen und genügend Kandidatinnen und Kandidaten dafür gewinnen. „Nach einer kleinen Talsohle haben wir nun wieder genug Interessenten. Ich bin optimistisch, dass wir das Zertifikat auch künftigen Jahrgängen anbieten können“, so Kolberg.