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Patenschaftsprogramm des Bundestages wegen Corona-Ausbreitung beendet / Stipendiat will später gerne zurück nach South Dakota

von Jana Brechlin.

 

Kemmlitz. Es sollte eine einzigartige Erfahrung sein: Das Schuljahr in den USA, das Arthur Körner aus Kemmlitz im Sommer 2019 angetreten hat. Die Hoffnungen des 17-Jährigen, der diese Chance durch das Parlamentarische Patenschaftsprogramm (PPP) des Bundestages bekam, haben sich auch erfüllt. Allerdings war das Auslandsjahr nun deutlich schneller beendet als geplant: Wegen der weltweiten Ausbreitung des Covid19-Virus wurde das Programm jetzt abgebrochen.

300 Stipendiaten betroffen

„Die Teilnehmer sind überwiegend minderjährig und da mit weiteren Einschränkungen zu rechnen war, hat man sich entschieden, den Austausch vorzeitig zu beenden“, erklärte Bundestagsabgeordneter Marian Wendt (CDU), der Arthur Körner als Stipendiaten ausgewählt und seitdem als Paten begleitet hat. Insgesamt wurden rund 300 Jugendliche, die über das Programm in den Staaten waren, zurückgeholt.

Dafür hat Arthur Körner Verständnis, auch wenn die Nachricht von der geplanten Abreise zunächst ein Schock gewesen sei. „Ich habe fünf Tage vorher davon erfahren. Da war es erst einmal schwierig, überhaupt zu realisieren, dass es jetzt plötzlich nach Hause gehen soll. Letztlich hatte ich nur noch zwei Tage, um mich von meinen Freunden in der Schule zu verabschieden“, beschreibt er. Andererseits war da die Rückkehr in vertraute Gefilde: „Man verlässt eine Familie, und kehrt zur anderen Familie zurück“, bringt es Arthur Körner auf den Punkt.

Während der Rückreise seien die Auswirkungen der Corona-Krise schon spürbar gewesen. So seien kaum noch Passagiere auf Flügen innerhalb der USA unterwegs gewesen, die Maschine in Richtung Deutschland dagegen rappelvoll und der Zielflughafen in München bot dann wieder ein komplett anderes Bild: „Der wirkte fast ausgestorben.“

Einblick in andere Kultur

Neben vielen Fotos und Andenken hatte Arthur Körner vor allem auch wertvolle Erinnerungen und Erfahrungen aus den vergangenen sieben Monaten im Gepäck und ist immer noch dankbar für die Chance, die sich durch das Austauschprogramm geboten hat. „Das war eine einzigartige Zeit. Man taucht ein in die Sprache und die Kultur eines Landes“, schwärmt der 17-Jährige. Seit dem Sommer lebte er in Canton, im US-Bundesstaat South Dakota, bei einer Familie mit zwei Söhnen, von denen einer gemeinsam mit Arthur Körner die 11. Klasse der High School besuchte. „South Dakota liegt im Herzen der USA und im Herzen der amerikanischen Kultur. Die Menschen im mittleren Westen sind sehr offen, herzlich und nett. Ich hatte überhaupt keine Probleme, mich dort einzuleben“, berichtet er.

Neue Perspektiven

Die Region sei eher konservativ und dadurch, dass es praktisch nur zwei Parteien – Republikaner und Demokraten – gebe, sei die Gesellschaft tief gespalten. „Ich konnte dort, wie auch hier daheim, eine Tendenz beobachten, dass man zunehmend die eigene Meinung verteidigt und kaum noch bereit ist, Kompromisse zu schließen.“ Ihm habe die Zeit im Ausland geholfen, einen neuen Blick auf Deutschland zu bekommen. „Man betrachtet das eigene Land, die eigene Kultur aus einer anderen Perspektive und sieht das Beste in beiden Systemen“, beschreibt er eine Lehre aus den vergangenen Monaten.

Prägend in seinem Alltag sei vor allem die Schule gewesen – und die unterscheide sich schon stark von der in Deutschland. „Das geht damit los, dass ich zuhause um 5.30 Uhr aufstehe, um dann den Bus zur Schule zu nehmen. Dort dagegen gibt es keinen öffentlichen Verkehr und jeder fährt selbst zur Schule, ich konnte also auch länger schlafen“, nennt er ein Beispiel. Die Wahl der Unterrichtskurse obliegt den Schülern und die Auswahl ist erstaunlich. Neben Fächern wie Physik, Englisch und Literatur, Mathematik, Geschichte oder Französisch belegte Arthur Körner auch Government (Politik und Regierung – d.Red.) und Architektur. Außerdem half er manchmal im Deutschunterricht mit. „Deutsch als Fremdsprache ist dort populärer als Französisch“, hat er festgestellt.

Für den 17-jährigen Kemmlitzer steht fest, dass es eines Tages zurück nach South Dakota geht. „Nach dem abrupten Ende möchte ich gerne noch einmal meine Freunde und Gastfamilie treffen“, sagt er. Ohnehin sei ihm die Lust an späteren Reisen trotz der momentanen Einschränkungen nicht vergangen.

Nächste Schritte noch offen

Wie es für Arthur Körner nun in seiner Heimat weitergeht, ist dagegen noch unklar. Steigt er, wenn der Schulbetrieb wieder aufgenommen wird, in die 11. Klasse am Thomas-Mann-Gymnasium ein, die er voriges Jahr schon absolviert hat? „Dann wäre ich – mit dem Aufenthalt in den USA – zum dritten Mal in der 11. Klasse“, gibt er zu bedenken. Möglich wäre vielleicht auch, für den Rest des Schuljahres ein Praktikum zu absolvieren, hat Marian Wendt angeregt. „Das ist derzeit noch offen. Ich hab mir aber schon überlegt, die Zeit zu nutzen, um eine neue Sprache zu lernen“, meint der Schüler. Spanisch soll es dann sein.

 

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Foto: privat

 

(OAZ Ausgabe: 01.04.2020)