Integration am Kochtopf
Oschatz. Wenn Mittwochvormittag auf den Fluren des Thomas-Mann-Gymnasiums auch während der Pausen absolute Ruhe herrscht, dann ist Projekttag. So auch diese Woche. Zum dritten Mal wurde es international, im Fokus stand das Thema Asyl und Integration.
Um den Schülern der Oberstufe die damit verbundenen komplexen, in der jüngeren Vergangenheit kontrovers diskutierten Ereignisse nahe zu bringen, stellten die Projektmacher um Fachleiterin Kerstin Krause und Susan Terpitz von Mediation und Marketing die offerierten Angebote auf breite Füße: Zehn Workshops, knapp fünf Zeitstunden Arbeit und eine 90-minütige Podiumsdiskussion. Ein straffes Programm, das die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht nur mit fremden Gerichten konfrontierte, die sie selbst zubereiteten, sondern auch mit sich selbst. Anja Kohlbach vom E-Werk und Konstanze Kaupert etwa ließen die Jungen und Mädchen erst einmal aufzählen, was sie selbst ausmacht. „Da zehn Eigenschaften zu finden, ist gar nicht so einfach“, meint Anja Kohlbach. Anschließend schlüpften die Gymnasiasten in verschiedene Rollen. Vom Flüchtling über den Menschen mit Behinderung bis hin zur schwangeren Frau reichte das Spektrum. „Indem wir an jedem Beispiel aufzeigen, welche Rechte und Pflichten jede einzelne dieser Personen hat, wollen wir zeigen, wie weit der Begriff Integration gefasst ist. Er trifft längst nicht nur auf jene zu, die aus anderen Staaten hier Zuflucht suchen“, so Kaupert.
Umstritten, aber dennoch Teil des breiten Spektrums war die Präsenz der Bundeswehr beim Projekt. Jugendoffizier Jens Heldner berichtete unter anderem von Soldatenpatenschaften für Benachteiligte in den Staaten, in denen sich die Armee engagiert. „Natürlich wirft die Rolle der Bundeswehr Fragen auf. Ich hoffe, diese beantworten zu können. Jedoch kann es auch nicht schaden, wenn Schüler aus dem Workshop mit neuen Fragen herausgehen und weiterdenken.“
Zum Austausch regten Statements an, die in der von Schülern geleiteten und konzipierten Podiumsdiskussion fielen. So meinte der Ausländerbeauftragte der Sächsischen Landeskirche, Albrecht Engelmann, „man trägt für alles Verantwortung, das man beeinflussen kann“. Das Gegenteil davon – Tatenlosigkeit angesichts der Ängste rund um Zuwanderung – attestierte Bernd Merbitz den politischen Verantwortungsträgern. Leipzigs Polizeipräsident nahm kein Blatt vor den Mund, sprach von „Wohlstandsdeutschen“ unter den Asylgegnern und verurteilte jene, die zu Gewalt greifen, um ihren Frust zu kompensieren. „Wir müssen Konflikte zivilisiert lösen, dürfen uns nicht von Hass mitreißen lassen.“
VON CHRISTIAN KUNZE (02.12.2016)